Interview
Ich habe die beiden jungen und sehr begabten Illustratorinnen Theresa Grieben und Carolina Buzio in ihrem Studio direkt hinter der Warschauer Brücke besucht und sie ein wenig ausgefragt über Helden, Zeichenblockaden und Budapest.
Wer seid ihr eigentlich und wo habt ihr zwei euch kennengelernt?
T:Ich bin Theresa, Illustratorin, die am liebsten auf Weltreise ist. Ursprünglich komme ich aus Schwanebeck am Rande Berlins. Studiert habe ich in Halle an der Burg und zwar Kommunikationsdesign/Illustration. Carolina und ich haben uns beim Erasmus-Semester in Budapest 2009 kennengelernt. Sie kommt aus Porto, hat ebenfalls Illustration studiert und wir haben uns gleich angefreundet. 2012 ist sie von Portugal nach Berlin gezogen, während ich meinen Master in Neuseeland abgeschlossen habe. Jetzt arbeiten wir beide als freiberufliche Illustratorinnen in einer schönen Bürogemeinschaft in Friedrichshain-Kreuzberg. Wir haben beide eigene Projekte und machen z.B. Marktstände zusammen, auf denen wir unsere Illustrationen verkaufen (wie letztens z.B beim Holy Heimat Markt oder dem Diorama Workshop im Stattbad). Wir ergänzen uns super und geben einander Ratschläge bei Illustrationen und für unsere Online-Shops, die wir 2014 eröffnet haben.
Wie viel Zeit in der Woche verbringt ihr in eurem Office?
T: Wir sind eigentlich immer von Montag bis Freitag da, können uns aber frei einteilen, wann wir kommen und gehen. Ich bin oft ziemlich spät dran, bleibe dann aber mitunter bis Mitternacht. Carolina's Rhythmus ist meist von 11–20 Uhr. Manchmal sind wir auch am Wochenende da – so wie es passt, das ist das wunderbare an Bürogemeinschaften.
Auf welche Projekte seid ihr besonders stolz? (gerne mit Link)
T:Ich bin stolz, dass meine illustrierten Landkarten von Neuseeland im November im Denizen Magazin erschienen sind. Das ist ein großes neuseeländisches Lifestyle-Magazin, mit denen ich immer zusammenarbeiten wollte. Jetzt füllen meine Zeichnungen einen 4-seitigen Artikel über Roadtrips. Das ist schön! Außerdem liebe ich meine Panorama-Zeichnungen, vom Berliner Wald und von dem Budapester Haus, in dem ich gewohnt habe...
C: Ich bin besonders auf die Zusammenarbeit mit einem großartigen Art Director für die Gestaltung der “úll“-Konferenzen in Irland stolz. Dieses Projekt war eine große Herausforderung, da ich einen speziellen visuellen Stil und eigene Charaktere entwickeln musste und dazu noch zahlreiche Illustrationen für die “úll“-Webseite, die Smartphone App, Portraits der Sprecher, T-Shirts, Sticker und sogar Flaschenetiketten angefertigt hat. Es war toll für sie zu sehen, da meine Arbeit so vielseitig verwendet wurde und die Konferenzgäste so begeistert darauf reagiert haben!
Und welcher Auftraggeber wäre für euch das Ding schlecht hin? Und für wen würdet ihr niemals arbeiten?
T:Ich würde sehr gerne für das ZEITmagazin illustrieren, für den KulturSPIEGEL oder den Travel Almanac. Niemals arbeiten würde ich für die NPD o.ä. Auch nicht für Auftraggeber, die mir nichts bezahlen wollen – kreative Arbeit ist genauso viel wert wie jede andere Arbeit.
C: Ich würde sehr gerne Kinderbücher illustrieren, deshalb wäre ich mehr als begeistert, wenn meine beiden Lieblingsverlage Planeta Tangerina und Kalandraka mit mir zusammenarbeiten würden. Außerdem hoffe ich, eines Tages so gut zu sein, dass ich den Titel vom New Yorker illustrieren dürfte! Auf keinen Fall zusammenarbeiten würde ich mit einer Firma oder Marke, die gegen meine Überzeugungen und Ideale stehen.
Gibt es Tage an dem ihr nicht zeichnen könnt?
T:Klar, die gibt es! Ich habe immer Phasen, in denen ich pausenlos zeichnen möchte und dann solche, in denen ich den Bleistift einfach nicht in die Hand nehmen will. Es ist klar, dass meine besten Arbeiten nur dann entstehen, wenn ich auch wirklich Lust drauf habe. Wichtig ist Konzentration und Ruhe, also Internet aus, Kaffee holen, Hörspiel anmachen, dann kann ich stundenlang zeichnen. Auch gibt es viele Tage, an denen wir gar nicht zum Zeichnen kommen. Wir kümmern uns z.B. um die Bestellungen in unseren Online-Shops, rennen zur Post, kontaktieren Kunden, bereiten unsere Märkte vor. Hinzu kommt Ideen- und Bildrecherche, Facebook/twitter/Instagram Social Media Marketing, wie das so schön heißt, Pflege von unserer Homepage, Kundenakquise, E-Mails beantworten, Rechnungen schreiben, Buchhaltung...Wir müssen da quasi mehre Expertisen in uns vereinen und diesen Teil des Berufslebens hat uns keiner an der Uni beigebracht. Dafür kann total viel Zeit drauf gehen und hinterher habe ich eine Knoten im Schädel.
Was inspiriert euch? Wo zeichnet ihr am liebsten?
T: Ich liebe Reisen und möchte dabei am liebsten alles Neue zeichnen, was ich kennenlerne. Zuhause im Wald spazieren gehen, sich in Berlin umschauen ist immer Inspiration...Architektur, Leute, Natur. Was auch gut funktioniert: mich irgendwo mit meinem Skizzenbuch hinsetzen. In ein Café, auf einer Parkbank, in einer Küche. Schauen, nichts tun, hinhören, dann los zeichnen. Wenn so eine Skizze z.B. eine Stunde dauert, ich mich nicht vom Fleck bewege aber alle anderen in Aktion sind, kann ich interessante Beobachtungen machen. Es ist wichtig, sich auf den Ort einzulassen, dann erzählt er mir auch etwas.
C: Ich mag es sehr, Leute mit interessanten Gesichtern oder Kleidungsstilen zu zeichnen. Dabei lasse ich mich auch von Farbkombinationen und Mustern inspirieren. Am liebsten arbeitet ich an Projekten, die eine Herausforderung darstellen oder interessante Einschränkungen haben. Ich zeichne vor allem hier im Büro, weil ich gerne direkt mit Farben arbeite und aus meiner Vorstellungskraft schöpft.
Wer sind eure Helden?
T: Chris Ware bewundere ich für seine unendlich detaillierten Graphic Novels, Blexbolex für seine wunderschönen Siebdruck-Bücher, Sophia Martineck für ihren Stil. Helden sind für mich Leute, die sich selber treu bleiben, die Erfolg mit ihrem Talent haben, nicht den sicheren Weg wählen, sondern den schwierigen, die Herausforderung. Leonard Cohen für seine Musik, Margaret Atwood für ihre Bücher, Horst Janssen für seine Portraits, Terrence Malick für den Film "Days of Heaven".
C: Ich habe zwar so einige Helden, aber wenn ich einen auswählen müsste, wäre es Picasso für seinen spielerischen Umgang mit der Kunst und seiner Zielstrebigkeit, solange an einem Werk zu arbeiten, bis es wirklich gut ist. Mary Blair bewundere ich für ihre Kompositionen, Perspektivverschiebungen und Farben, die Provensens für ihre Art, mit Formen und Flächen zu spielen, genauso wie Jorge Luis Borges für den beeindruckenden Gebrauch von Vorstellungskraft und Worten in seinen Büchern. Eigentlich bewundere ich alle Leute, die in der Trickfilm-Industrie arbeiten als Regisseure und Animatoren dafür, dass sie eine Bildsequenz so real erscheinen lassen können, dass man als Zuschauer tatsächlich eine Beziehung dazu aufbauen kann, wie bei Walt Disney und Glen Keane.
Ihr habt euch in Budapest kennengelernt, gibt es ultimative Tipps?
T: Budapest ist wunderbar! Wir waren damals oft im Szimpla Kert feiern, oder im Instant. Das sind Bars in leerstehenden Wohnhäusern. Man kann quasi im früheren Bad, in der Küche oder im Innenhof sitzen. Sehr schön ist das Paris Café im Alexandra Buchladen in der Andrássy út. Zu Mittag haben wir oft im Menza-Restaurant gegessen, stilvoll eingerichtet und lecker (Liszt-Ferenc Tér). Wir waren damals sogar in der beeindruckenden Oper (Operaház), italienischer Gesang mit ungarischem Untertitel.
C: Das Ludwig Múzeum hat tolle Fotografie-Ausstellungen, das Burgviertel die beste Aussicht auf die Donau. Das schönste im Winter: Abends im Széchenyi-Fürdö unter freiem Himmel im heißen Thermal-Wasser baden, während ringsherum Schnee liegt.