Zu Tisch im 21gramm
Werbung (unbeauftragt) Ein Lokal in einem Friedhofshaus direkt neben einem Friedhof zu eröffnen und das mitten an der Leinestraße im tiefsten Neukölln ist schon außergewöhnlich. Besonders ist nicht nur euer wunderschöner Hof, sondern auch der stilechte Ausbau eurer sogenannten Frühstückskapelle. Wir sind über übers Hörensagen auf das "21gramm" aufmerksam geworden und haben uns direkt auf Erkundungstour nach Neukölln gemacht. Rede und Antwort stand uns Jeremias Stüer, der Mitgründer des neuen Lokal ist.
Wer steckt hinter dem Lokal? Wie seid ihr auf die Idee gekommen euer Lokal „21gramm“ zu gründen? Wie seid ihr auf den Namen gekommen?
Wir sind insgesamt zu dritt - Tilmann, Daniel und meine Wenigkeit. Wir hatten in dieser Konstellation nie geplant einen Laden zusammen zu eröffnen. Das hat alles nach und nach zu einander geführt. So hat auch der Laden uns gefunden und nicht wir den Laden. Besser gesagt – der Laden hat zu Tilmann gefunden, der dann auch die Idee hatte, hier eine Gastronomie zu eröffnen. Tilmann ist dann auf Daniel zugegangen und zu zweit haben die beiden dann mich gefragt ob ich nicht der dritte Mann an Board sein will. Und bisher fühlt sich das in dieser Konstellation auch sehr gut an. Wir kommen alle aus verschiedenen Richtungen, was es ermöglicht Ideen und Probleme immer aus verschiedensten Blickpunkten zu betrachten. Tilmann ist hauptberuflich Lehrer, Daniel hat jahrelang große Teile der Skatehalle gemanagt und ich komme eigentlich aus dem Messe- und Eventbereich.
Die Idee für das 21gramm war uns allen aber irgendwie von Beginn an klar: einen so geschichtsträchtigen Raum der Öffentlichkeit wieder zugänglich machen. Dabei immer im Fokus, dass sich hier jeder wohlfühlen kann – ohne Ausnahme.
Auf den Namen 21gramm sind wir an einem Abend gekommen an dem wir über das Speisenkonzept nachgedacht haben. Als Anekdote an die großen Frischetheken in den türkischen Supermärkten auf der Hermannstraße wollten wir zu Beginn noch alle unsere Speisen wiegen und nach Gewicht/Gramm kalkulieren und entsprechend auspreisen. Das hat sich für höchst unpraktikabel erwiesen und so nie ins finale Konzept geschafft. Allerdings ist am selben Abend der Name für unseren Laden entstanden.
Die Gedankenkette war in etwa wie folgt: wir wiegen unser Essen -> 21gramm wäre doch passend -> gilt als das Gewicht der Seele -> wir sind auf der Ecke von einem Friedhof -> wir kochen mit Seele -> wir gestalten mit Seele -> das ist irgendwie rund -> wir haben unseren Namen -> geil!
Drei Männer und ein Frühstückslokal! Wir lieben es! Was esst ihr persönlich am liebsten zum Frühstück und was sollen die Gäste auf keinen Fall verpassen?
Oha… drei Männer. Drei Meinungen.
Daniel ist großer Fan von der Fleisch- und Käseplatte. Er liebt es selbst die Auswahl für die Produkte auf diesen Platten zu treffen.
Tilmann hingegen tendiert zu den Eierspeisen auf der Karte – gerührt oder pochiert.
Und ich gehe am liebsten für das Birchermüsli oder Chefs Choice.
Ich glaube in etwa so ist auch unsere Karte entstanden. Jeder hat gesagt, was er am liebsten mag und das haben wir dann umgesetzt.
Das „21gramm“ wurde offensichtlich mit viel Liebe zum Detail hergerichtet. Woher kommt das Raumkonzept, habt ihr alles selbst entworfen? Hattet ihr von Anfang an eine genaue Vision, wie alles aussehen soll? Wie lange habt ihr vom Mietvertrag bis zur Eröffnung gebraucht? Gab es besondere Herausforderungen beim Ausbau, die vorher nicht zu erahnen waren?
Puh… viele Fragen und vorab schonmal Danke für das „Liebe zum Detail“!
Wir haben zu Beginn klare Aufgaben verteilt. Raumkonzept und Design ist auf meinem Tisch gelandet, wobei wir natürlich alle Entscheidungen immer nochmal im Trio besprochen haben.
Zu Beginn war der Raum noch sehr kleinteilig und verbastelt, die Wände rot gestrichen und von dem jetzigen Charme nichts zu spüren. Das hat einem sehr viel Vorstellungsvermögen abverlangt. Die eigentliche Vision hatte ich dann vor Augen, als wir das erste Mal alle Wände aus dem Raum entfernt hatten und man sehen konnte wie schön verspielt dieser Raum eigentlich ist. Die erste Hürde war es im Anschluss diese Vision die ich vor Augen hatte einmal meinen Partnern zu visualisieren. Entsprechend habe ich mich ein paar Abende zu Hause hingesetzt und zwei Moodboards gebaut. Eines für die Farbgebung und Materialien im Raum und ein weiteres für die Bautechnischen Ideen. Neben vielen Referenzbildern die hier ihren Teil getan haben, hat auch die Visualisierung via Sketch-Up geholfen.
Wichtig im Design war uns, dass wir einen Raum gestalten der nicht zu hip ist, sondern nachhaltig als schön empfunden werden kann. Darüber hinaus lag der Fokus darauf, dass wir alles versuchen selber zu bauen. So handelt es sich mit nur einer Ausnahme, den Stühlen, um selbstgestaltet Unikate.
Es galt den alten Raum von den neuen Materialien zu trennen. Sozusagen eine alte geschichtsträchtige Hülle als eine Ebene und moderne Elmente im Raum als zweite Ebene. Diese Betrachtung hat dazu geführt, dass wir viel mit Stahl und unserem Hauptfarbton RAL 5008 gearbeitet haben. Darüber hinaus hatte ich immer das Bild von alten verwachsenen Locations und Gärten vor Augen. Dadurch dann der Einsatz von viel Grün in Decken und an den Wänden sowie natürlich auch in unserem Garten.
Von Mietvertrag bis Eröffnung haben wir ziemlich genau 8 Monate gebraucht. Man muss sich vorstellen, dass es in dem Raum, weder Strom, noch Heizungen oder Toiletten gegeben hat. Heißt neben dem Interior musste auch parallel die gesamte Haustechnik eingebaut werden.
Die größte Herausforderung lag in den Abstimmungsprozessen zwischen Vermieter – Denkmalschutz – Betreiber. Hier gibt es drei Parteien die natürlich alle ein anderes Interesse vertreten. Fairer Weise muss man aber sagen, dass wir sowohl mit unserem Vermieter als auch mit dem Denkmalschutz immer sehr gute Lösungen gefunden haben.
Zu einem guten Frühstück gehört selbstverständlich ein guter Kaffee. Wir feiern ja gerade euren Eiskaffee! Habt ihr einen bestimmten Röster mit dem ihr zusammenarbeitet?
Danke danke. Wir arbeiten bei unserem Kaffee mit der Rösterei Andraschko zusammen. Sowohl bei den Espresso Bohnen als auch bei unserem Filterkaffee. Wir sind ebenfalls Fan von dem milden Geschmackserlebnis bei gleichzeitig klassischem Italian Roast.
Uns ist euer tolles Artwork fürs Poster, Menü und Visitenkarte aufgefallen, von welchem Künstler oder Grafiker stammt dies?
Das wird unsere Grafikerin Cara sehr freuen. Sie hat sich der Aufgabe gestellt, eine Grafik zu erstellen die nicht nur rein in Print und Web, sondern auch im Raum stattfinden kann. So haben wir aus dem gleichen Artwork zum Beispiel auch unsere Toilettenbeschilderung etc. gebaut.
21gramm | Hermannstr. 179 | 12051 Berlin